In verschiedenen Konstellationen haben sie schon zusammengearbeitet– gemeinsam aber noch nie. Dass Philip Lüsebrink, Dirk Wieting und Christine Petershagen nun als Team die Inszenierung der Komödie "Landeier" am Niederdeutschen Theater Delmenhorst (NTD) verantworten, hätten sich die Drei vor Monaten auch noch nicht vorstellen können. Eigentlich war der NTD-Vorsitzende Wieting als Regisseur und Petershagen als Choreografin für die heitere Frauensuche dreier Bauern vorgesehen. Doch dann traten bei Wieting gesundheitliche Probleme auf. Obwohl bestens ausgebucht, war es für Lüsebrink keine Frage, Wieting zu unterstützen. Zum einen, weil er den NTD-Vorsitzenden sehr schätzt, zum anderen aber auch, weil der Profi weiß: „Wir sind uns in unserer Einstellung sehr ähnlich." Wenn er sich darin nicht sicher gewesen wäre, "hätte ich es nicht gemacht.“
Sowohl Wieting als auch Lüsebrink wollen das Publikum unterhalten. Das geschieht nicht auf die platte Art, nach dem Motto „Achtung, jetzt kommt ein Karton“, sagt Lüsebrink. Der Amateur und der Profi wollen dem Publikum Volkstheater in seiner schönsten Form präsentieren. Es soll über „schöne“ Gags gelacht werden und nicht aufgrund platt vorgebrachter Klischees. Obwohl gerade diese in dem Stück von Frederik Holtkamp, das 2012 uraufgeführt worden ist, reichlich bedient werden: Drei Bauern aus Lüttjenbühl, das irgendwo im tiefsten Ostfriesland verortet ist, wollen endlich den Deckel auf ihren Pott, sprich die Frau fürs Leben finden. Regelmäßig treffen sich die Drei, die von Heiko Petershagen, Austen Dobrin-Stein und NTD-Neuzugang Hendrik Wichmann verkörpert werden, in der mehr als in die Jahre gekommenen Dorfkneipe. Für das Bühnenbild zeichnet Thorsten Heiseverantwortlich. In der Dorfkneipe wird übrigens Bernd Schierenbeck schauspielerisch in sein beruflich bestens bekanntes Metier als Gastwirt zurückkehren. Fentke Stolle und Petra Witte mischen in dem munteren Treiben in der alten Kneipe auch noch mit.
Das Publikum soll überrascht werden
Wichmann fand über die Feuerwehr zum NTD. Die Freiwillige Feuerwehr stellt für jede Vorstellung im Kleinen-Haus Kräfte zur Überwachung der Brandschutzvorgaben ab. Die Vorführungen begeisterten den 25-Jährigen so, dass bei ihm der Wunsch wuchs, selbst einmal oben auf der Bühne zu stehen. So bewarb sich der Hasberger beim NTD. Als Wichmann Bühnenchef Wieting beim obligatorischen Vorstellungsgespräch gegenübersaß, war dem eines gleich klar: „Hendriks erste Rolle wird in ‚Landeier‘ sein“, erinnert sich Wieting schmunzelnd. Welchen der drei Bauern der Neuling spielen soll, stand da aber noch nicht fest. Das ergab sich bei der Leseprobe. Da hatte dann Lüsebrink seine Finger im Spiel. Der Profi überrascht das Publikum gerne, indem er Rollen anders besetzt, als man es erwarten würde. Allerdings setzt der gebürtige Bremer seine Ideen nicht auf Biegen und Brechen um. Man müsse schon sehen, ob das auch wirklich passt. Die Leseprobe bestätigte ihn und überzeugte Wieting, der seinem Kollegen mit leuchtenden Augen ein Kompliment macht: „Da wäre ich wohl nicht drauf gekommen. Aber ich bin dir sehr dankbar, das ist wirklich toll.“
Wer nun welchen Typ spielt, das wollten die Regisseure im Gespräch mit unserer Redaktion nicht verraten. Damit wollen sie die Zuschauer bei der Premiere überraschen. Über den neuen Spieler hat das Regieduo nur Gutes zu berichten: „Hendrik ist zwar unerfahren, aber er agiert mit unverbrauchter Begeisterung, intuitiv, mit viel Spaß.“ Lüsebrink bekennt, dass er nach dem ersten Lesen des Stückes nicht uneingeschränkt begeistert war. Das habe sich aber geändert. „Mittlerweile habe ich aufgrund der Typen, die die Spieler verkörpern, ganz viel Spaß bei den Proben.“ Das Regieduo wolle dem Publikum zeigen, dass „Volkstheater toll ist“. Das funktioniere ihrer Meinung nach nur über Typen, Schnelligkeit und Überraschungen. „Man muss da seine eigene Handschrift finden. Irgendetwas Neues muss es geben“, sagen die beiden, zumal das kurzweilige Stück auf vielen Spielplänen steht.
Keine Probleme mit Doppelregie
Für etwas Unerwartetes steht auch Christine Petershagen. Sie verantwortet die Choreografie des Abschlusstanzes. Die Eckpunkte dafür haben die Drei abgesprochen, den Rest aber erarbeitet Petershagen mit den Herren alleine und überrascht mit dem Ergebnis dann auch ihre Kollegen. Außerdem erledigt sie zusammen mit Inspizientin Elga Eilers auch wechselweise die Aufgaben der Regieassistenz. Das ist bei dieser Inszenierung besonders wichtig, da Wieting und Lüsebrink nur selten gemeinsam Proben leiten. So steht der Profi häufiger nicht zur Verfügung, weil er nur einen Tag vor der ersten Aufführung in Delmenhorst in Brake Premiere eines Krimis feiert. Zu Problemen führt die Doppelregie aber nicht. „Jeder kann sich auf jeden verlassen“, sagen die Beiden unisono. „Bei uns gibt es weder Kompetenzgerangel noch Eitelkeiten.“ Und wie zur Bestätigung dieser Aussage fällt Wieting spontan ein, dass er auf der letzten Probe, die er während eines Kurzurlaubs von Lüsebrink alleine geleitet hat, eine Neuerung hinsichtlich einer Requisite eingeführt hat. Lüsebrink hört sich den Vorschlag seines Regiekollegen an, grinst und sagt: „Finde ich gut.“ Damit ist die Sache vom Tisch, oder in diesem Fall auf der Theke.
Jeder bringe eigene Ideen ein. Die Beiden wirken wie ein eingespieltes Team, das seit Jahren eng zusammenarbeitet. Das hier gerade eine Premiere stattfindet, würde man nicht für möglich halten. So verwundert es nicht, dass auch im Ensemble eine heiter entspannte Arbeitsatmosphäre herrscht. Mit zum Team gehören hinter den Kulissen Souffleuse Marion Rose und Maskenbildnerin Beate Dobe. Den Bühnenbildentwurf von Thorsten Heise bauten Axel Uhlhorn, Dieter Beppler, Dieter Halling, Detlef Hense, Hans Ellebrecht, Harald Blech, Helmut Alers, Jens Neumann, Steffen Braune, Wilfried Meyer und Wilhelm Schnitter. Yvonne Friese erledigt zusammen mit Heise die Bühnenmalerei. Femke Wöhler erstellt wieder Videoeinspielungen.
Info
Karten für die neun Vorstellungen der Komödie "Landeier", die vom 13. Januar 2024 bis zum 18. Februar 2024 im Kleinen Haus gespielt wird, gibt es bei der Konzert- und Theaterdirektion im Kleinen-Haus, auch unter Telefon 0 42 21 / 16 56 5, sowie über www.ntd-del.de
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